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Älplerspruch

Zusammenschnitt des Älplerspruchs 2023 - Video von Nico und Peter von Holzen

«Hit am Morrrrrgä, woni ha d Chilägloggä gherä leytä - hani genai gwisst, dass dä hittig Tag sell bedeytä.»

So beginnt jedes Jahr der Älplerspruch auf dem Dorfplatz Buochs. Die Älplersprüche sind ein wichtiger Teil der Älplerchilbi. Diese werden verfasst und vorgetragen von den Älplersprechern.

Quelle: Festschrift «125 Jahre Aelplergesellschaft Buochs»

Geschichte

Nebst Musik, Spiel und Tanz gehört die Nachmittagsauffüh­rung zum weltlichen Teil der Älplerkilbi. Schon vor Jahrhun­derten waren Schwingen und Steinstossen Trumpf. Ein Be­schluss des Wochenrates (Regierungsrat) von Nidwalden vom Jahr 1667 lautet: An der Niederrickenbacher Aelplerkilbi wird das Schwingen und Steinstossen wie von alters her wieder erlaubt (Schwingerbuch von Ferd. Niederberger). Josef Achermann, Muacher meint zu den Sprüchen: 
im 17. und 18. Jahrhundert besorgten beauftragte Sprecher in der Halbmaske eine gegenseitige Anklage. In Nidwalden mussten die Hauptleute und Fähnriche für die Nachmittags­aufführung zwei bis drei Pfiffikuse zu einem zeitgemässen, interessanten Dorfgeschwätz dingen, die im Stegreif die toll­sten Jahresereignisse im Dorf und Land verulkten.


In einem Nachruf über Jos. Maria Wyrsch im oberen Breitli stand im Volksblatt vom 10. November 1906: Nicht nur erinnerte er sich allen nennenswerten Ereignissen nach Jahr und Tag nach 60 Jahren, er zählte ganze Folgen von Beamten auf an festlichen Anlässen. Namentlich an der Älplerchilbi trug er jeweils verschiedene launige Gedichte und Älplersprüche vor.

Bei diesen Nachmittagsaufführungen gab es auch Auswüchse und entsprechend scharfe Reaktionen. Am 3. November 1903 legte der Schulrat Protest ein gegen die bekannten skandalösen Nachmittagsaufführungen anlässlich des Älplerfestes und wünschte Bestrafung der Schuldigen. Der Gemeinderat teilte der Älplergesellschaft mit, dass solche Aufführungen inskünftig verboten oder an die Genehmigung des Gemeinderats geknüpft seien. Der Regierungsrat hat am 25. November 1912 verfügt, dass die Texte der Aufführungen bei den Älplerkilben jeweilen vor der Vorstellung dem betreffenden Gemeindepräsidenten zur Durchsicht und Zensur zu unterbreiten seien. Diese Verpflichtung besteht heute noch.

Nach Josef Achermann stammt die Form der heutigen Älpler­vorstellung aus dem Jahre 1919. Er selber sei der erste Verfasser dieser gereimten Älplersprüche gewesen. Ein von ihm ver­fasster noch vorhandener Älplerspruch wurde im Jahre 1921 in Buochs und Wolfenschiessen aufgesagt. Er war viele Jahre ein begehrter Älplerkilbispruch-Verfasser, nicht nur in Buochs, auch in Stans, Ennetbürgen und Beckenried, wo der Spruch «Chlag» genannt wird. Im Jahre 1938 gab es eine Ausnahme: Schüler bestritten die Älplerkilbi, die (auf einer Bühne vor dem «Kronenhuisli») ein Loblied auf das Älplertum sagen. Verfasserin war Frau Dir. Durrer-Röthlin.

 

So ist es in Buochs Tradition

Nach Art. 13 der Statuten sind die Hauptleute und Fähnriche für eine gediegene Nachmittagsunterhaltung verantwortlich. Sprüche und Plakate mit ehrverletzendem Inhalt sind von den verantwortlichen Beamten vor der Aufführung abzuweisen. Der Älplerspruch ist rechtzeitig dem zuständigen Gemeindepräsidenten zur Zensur vorzulegen.


Nach den Älplerwahlen, die jetzt etwas früher stattfinden, ge­hen die Hauptmänner zum Spruchverfasser, in der Hoff­nung, dass er ihnen «zueseid», was er eher tut, wenn genügend Stoff vorhanden ist.

 

Stoff-Lieferanten

In erster Linie müssen die Hauptmänner und die Fähnriche für den Stoff (Unterlagen für den Spruch) sorgen. Die Fähnriche wissen ja ein Jahr zuvor schon, dass sie an der Reihe sind, die Hauptleute haben da mehr Mühe. Jeder bringt einige Anga­ben und «Müsterli» die passiert und bekannt sind. Sie sollten auch lustig sein. Da immer weniger solche «Sachen» passie­ren, nimmt man immer mehr Themen aus dem öffentlichen Bereich. Dies hat den Vorteil, dass auch die Auswärtigen «nache chemid». Zudem will man ja die Leute nicht verärgern, sondern ihnen eine vergnügliche Unterhaltung bieten, was natürlich nicht immer leicht ist. Mitunter wissen auch andere Leute «ä Guete fir ufe Butziwage». Meistens kommt er ihnen aber erst in den Sinn, wenn der Spruch schon verfasst ist. Dann gibt es Leute, die selber einen gereimten Spruch über eine Ungereimtheit eines lieben Nachbarn oder Freundes zusammenbasteln und dem Verfasser übergeben, unter strengster Verschwiegenheit. Auch ist es schon vorgekommen, dass man «äs saftigs Sprichli» den Sprechern direkt zugespielt hat mit der Bitte, es an einer geeigneten Stelle einzuflechten. Wie so was gewirkt hat, kann man sich vorstellen, wie eine Brennessel.

Der Spruch

Innert zwei bis drei Wochen muss der Spruch verfasst werden. Er besteht aus 400 bis 450 Zeilen. Das Versmass muss nicht rhythmisch sein, eher holprig und unebenmässig, dem Volksempfinden entsprechend. Wichtiger ist, dass er mit Witz und Humor gewürzt wird und dass die Pointen richtig gesetzt werden. Die Buochser Spezialität ist der Aufbau mit verschiedenen Figuren, die bei ihrem Auftritt ein Hauptthema behandeln und dem Ganzen mit der «Ich-Form» eine theatermässige Form verleihen. Früher wurde der Spruch mit einem Jodellied unterteilt, in den letzten Jahren mit gesanglichen Einlagen der Sprecher.

Bevor es ein Mikrophon gab, gegen das man sich zuerst gesträubt hat, pflege man den sogenannten Älplerchilbi-Ton, eine singende Wortbetonung mit einem abgerundeten Ende. In Buochs war es nie üblich, den Spruch zu verkaufen. Beim nachträglichen Lesen fehlt die Älplerchilbistimmung.

«Zämäläsä»

Am Sonntag vor der Älplerchilbi treffen sich der Verfasser und die Sprecher beim ersten Hauptmann zum «Zämäläsä», am Mittwoch und Samstag nochmals bei einem Fähnrich auf dem Land, damit vom Inhalt ja nichts an die Öffentlichkeit dringt. Der Spruch wird an einem Abend nur einmal «aufgesagt» Dann folgt ein gemütliches Beisammensein bei Speis und Trank und recht lautem, witzigen Gerede. Bis am Sonntag sollte man ihn «auswendig» können. Mit ein wenig Herzklopfen treffen sich die Sprecher am Sonntag vor der Aufführung im Theater Buochs am Dorfplatz und lassen sich schminken. Immer wieder schaut man auf den Dorfplatz, wo sich immer mehr und mehr Leute einfinden. Nach dem Spruch wird nochmals zurückgeblendet und man freut sich am guten Gelingen und kommentiert: «Dä isch de guet cho» oder «bi dem henz gar nid reagiert».

Reaktionen

Man muss so ein Älplerspruch als das nehmen, was er sein will, eine vergnügliche Auslese von Begebenheiten, die während dem verflossenen Jahr passiert sind. Mitunter passiert etwas, was man gar nicht gerne auf dem Butziwagen hört. Dementsprechend sind auch die Reaktionen, wenn man sich betroffen fühlt. Es ist schon vorgekommen, dass man einen «blinden» eingebaut hat, d.h. eine Phantasiebegebenheit und prompt hat sich jemand betroffen gefühlt.

Einmal, es war in den Dreissiger-Jahren, hat auch so ein eingeflochtener «Satz» gezündet. Der Vater des «Angetupften» kam direkt auf den Wagen zu und beschimpfte den Sprecher und die Beamten bis ihn die Butzis schliessen aus dem Ring führten. Auch in der Zeitung haben schon Betroffene reagiert.

Nach einer Stanser Älplerchilbi 1950 schrieb einer im Ärger einen offenen Brief an den Regierungsrat und bekam Schützenhilfe von einem Buochser, der zwar schrieb, es habe «gebessert». Beide erhielten vom Spruchverfasser eine entsprechende Antwort. Es gab aber auch schon Leute, die ihre «Täibi» an den Sprechern ausgelassen haben. Aber das sind doch eher die Ausnahmen. Bei den meisten Besuchern findet der Spruch Anklang und man hört noch viele Tage nach der Kilbi «riämä», was alle Mitwirkenden «usinnig freie tued».

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